
Buy less & Repair more!
Nach dem großen Erfolg des ersten re:pair FESTIVALS im Herbst 2022 war klar, dass es eine Fortsetzung geben wird. Vor allem die tolle Stimmung bei den Flick-Workshops, die allen kostenlos offenstanden, hat mich begeistert und motiviert, weiterzumachen.
Ich freue mich, dass das re:pair FESTIVAL 2023 gleich an drei Kulturorten in Wien Station machen wird: im Kulturhaus Brotfabrik, im Volkskundemuseum Wien und in den SOHO STUDIOS Ottakring.
Ein Großteil des Programms ist dieses Jahr dem Thema FASHION gewidmet. Warum? Weil die Textilindustrie nach der Ölwirtschaft die zweitdreckigste Branche weltweit ist. Wenn man sich vergegenwärtigt, wie kostbar Kleider und Textilien früher waren, ist die heutige Situation obszön. Bekleidung ist in den Industrieländern zum billigen Wegwerfprodukt verkommen!
Was ist zu tun? Weniger konsumieren, Second Hand kaufen, Kleider tauschen und vor allem reparieren und ändern!
Welchen Wert Stoffe beispielsweise in Japan hatten, zeigt sich an der Recycling-Technik „Boro“. Bei dieser alten textilen Technik werden Stoffstücke kunstvoll neu zusammengesetzt. Selbst aus Flicken, Kleiderresten und Reissäcken wurden in dick übereinander liegenden Schichten Decken und Jacken genäht. Unter dem Motto „Mottainai – verschwende nichts!“ wird Walter Bruno Brix, ein ausgewiesener Kenner ostasiatischer Textilien, über japanische Traditionen der Reparatur sprechen und einen Sashiko-Workshop anbieten.
Auch in Europa wurde bis zum Aufkommen des Wirtschaftswunders in den 1950er Jahren jedes Stück Kleidung gehegt, gepflegt, geflickt, upgecycelt, vererbt oder verkauft. An diese Tradition knüpfen wir an und bieten wieder viele Visible-Mending-Workshops an, in denen wir gemeinsam Kleidungsstücke händisch flicken. Zudem offerieren wir gemeinsam mit Resi Slow Fashion und der Kunst VHS Workshops und Kurse, in denen geliebte, aber nicht gut passende oder beschädigte Kleidungsstücke mit der Nähmaschine abgeändert und kreativ umgestaltet werden können. Und: Wir stellen eure Werke aus! Bring dein Lieblingsstück vorbei und wir präsentieren es in der partizipativen Ausstellung „Upcycling Fashion – Vermehrt Schönes!“
Zwei spezielle Programmpunkte widmen sich nicht direkt dem Thema Reparatur. Gleich zu Anfang werden wir gemeinsam KOCHEN und essen! Und am Ende werden wir gemeinsam TANZEN und feiern. Warum? Weil diese Formen der Begegnung schöne Gelegenheiten bieten, unsere Gemeinschaft zu flicken.
Bist du dabei?
Ich freue mich auf viele neue Begegnungen und etliche Wiedersehen!
Tina Zickler, Initiatorin und Kuratorin des re:pair FESTIVALS Wien
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FACTS über FAST FASHION
Die Herstellung von Fast Fashion ist für einen hohen Ressourcenverbrauch, massiven CO2-Ausstoß, ausbeuterische Arbeitsbedingungen und massive Umweltverschmutzungen verantwortlich – vor allem in Asien, aber auch in Afrika.
Welche Umweltschäden beispielsweise der Anbau von konventioneller Baumwolle bereits angerichtet hat, zeigt sich am Aralsee. Seine zunehmende Austrocknung stellt weltweit eine der größten vom Menschen verursachten Umweltkatastrophen dar. Mit ursprünglich rund 68.000 Quadratkilometern Ausdehnung war der Aralsee bis Anfang der 1960er Jahre der viertgrößte Binnensee der Erde und damit größer als die gesamte Schweiz. Riesige Teile des See sind inzwischen vollständig ausgetrocknet und haben sich in eine giftige Wüstenlandschaft verwandelt, deren Staub nicht nur hochgiftige Konzentrationen von Salz, sondern auch viele krebs-erregende Pestizide enthält.
Neben China ist Bangladesch zum zweitgrößten Textilproduzenten aufgestiegen, aber auch in Kambodscha, Vietnam, Indien und Indonesien leiden Flüsse und Seen extrem – und mit ihnen die Menschen. Am Citarun, dem drittgrößte Fluss Javas, leben 5 Mio. Menschen, rund 400 Textilfabriken haben sich dort angesiedelt. Das Gewässer gilt noch immer als einer der schmutzigsten Flüsse weltweit. In seinen Fluten findet sich neben Blei, Quecksilber, Arsen, Sulfite, Schwermetalle und unzählige weitere Giftstoffe. Seit 2018 bemüht sich die Indonesische Regierung intensiv, mit Hilfe eines Siebenjahresplans und Tausender von Soldaten den Fluss zu reinigen und vom Müll zu befreien.
Vor zehn Jahren stürzte die Rana-Plaza-Fabrik in Bangladesh ein, eine gigantische Textilfabrik, in der vor allem europäische und US-amerikanische Modemarken Kleidung fertigen ließen. 1.127 Menschen starben und 2.438 Menschen wurden schwer verletzt. Diese Katastrophe offenbarte die ausbeuterischen Methoden, die in der Textilwirtschaft üblich sind.
Trotz der Kampagnen von Clean Clothes und Fashion Revolution sind faire Bezahlung und Transparenz noch immer nicht Standard. Da viele Fast-Fashion Unternehmen unterschiedliche Subunternehmer beschäftigen, ist oft nicht nachvollziehbar, wo was zu welchen Konditionen produziert wird. Daher ist es sehr wichtig, dass auf EU-Ebene endlich ein strenges und effizientes Lieferkettengesetz eingeführt wird.
Das chinesische Super-Fast-Fashion-Unternehmen SHEIN veröffentlicht zwar keine Zahlen, aber es wirft täglich ca. 1.000 neue Styles auf den Markt. Und auf Youtube und Instagram feiern Influencer:innen ihre Fashion-Hauls, d.h. ihre Beutezüge, und animieren andere dazu, weiter völlig unreflektiert Fast Fashion zu konsumieren.
Fakt ist, dass es eine gigantische Überproduktion an Mode gibt und Expert:innen schätzen, dass ca. ein Drittel aller produzierter Kleidungsstücke nicht verkauft wird. Teilweise wird die Kleidung umgehend geschreddert, auch von Luxuslabels.
221.834 Tonnen Textilmüll, d.h. Kleidung und Bettwäsche, werden jedes Jahr in Österreich entsorgt. 77% landen im Restmüll und 23% werden in Altkleider-Containern gesammelt. Der Großteil wird im Ausland sortiert und dann nach Pakistan, Indien oder Afrika verkauft. In Accra, der Hauptstadt Ghanas, ist der größte Second-Hand-Markt weltweit. Hier arbeiten 20.000 Menschen. Jede Woche landen dort 15 Mio. Kleidungsstücke – sowohl getragene und als auch ungetragene Kleider, die häufig aus günstigen Chemiefasern wie Polyester und Polyamid bestehen. Aufgrund der schlechten Qualität und der riesigen Mengen landet vieles davon auf den Deponien um Accra herum. Der Regen schwemmt die Textilien in die Flüsse, dann in die Lagunen und ins Meer. Darunter leiden vor allem die dortigen Fischer, die immer mehr Textilmüll in ihren Netzen finden und deren magere Fischbeute voller Mikroplastik ist.
